Wie Sportwettquoten funktionieren und wie man damit rechnet
Da ich heute darüber nachdachte, algorithmisch an Sportwetten teilzunehmen, habe ich ein wenig mit den Quoten herumgerechnet.
Schauen wir zunächst in echte Daten
Zuerst einmal muss man sich überlegen, was eine Quote bedeutet und wie sie entsteht bzw. wie das Wettbüro damit Geld verdient. Im Gegensatz zu anderen Artikeln im Internet bin ich mir dabei nicht so sicher, ob ein Wettbüro wirklich immer selbst Gewinnvorhersagen für die einzelnen Spiele treffen muss. Es lohnt sich nämlich ebenso, die Verteilung der Wetteinsätze der Spieler exakt zu treffen. Trifft das Wettbüro diese genau, ist der tatsächliche Ausgang des Spiels vollkommen egal.
Bei Tipico kann man neben den Quoten auch die Wettverteilung der Spieler ansehen. Rechnen wir einfach mal damit, um diese Überlegung zu prüfen.
Die 5 obersten Highlights, als ich tipico betrachtete
Begegnung Quoten Wettverteilung Quoten in % *
England (F) - Kanada (F) 3,4 3,0 2,3 26% 30% 44% 28% 31% 41%
IBV Vestmannaeyjar - Breidablik Kop. 5,0 3,7 1,62 10% 13% 77% 18% 25% 57%
Palmeiras SP - Sao Paulo SP 2,35 3,1 3,0 26% 27% 47% 39% 30% 31%
Fjölnir Reykjavik - FH Hafnarfjördur 4,3 3,5 1,75 16% 22% 62% 21% 26% 52%
Chile - Peru 1,5 4,0 8,0 79% 14% 7% 64% 24% 12%
* von mir berechnet
Wie ich die Quoten in % berechne, sehen wir gleich noch. Diese spiegeln jedoch (unter bestimmten Annahmen) die Wahrscheinlichkeit wider, die tipico als Grundlage zur Berechnung ihrer Quoten benutzt.
Auffällig ist auf jeden Fall schon einmal, dass gerade bei sehr einseitigen Quoten sehr viel mehr Spieler auf den vermeintlich sicheren Sieger setzen, als dies von der Quote erwartet würde oder gedeckt wäre. Bei ausgeglicheneren Partien liegen die Quoten in der Tat sehr nahe an der Wettverteilung. Ich vermute allerdings hinter den angezeigten Zahlen von tipico die Anzahl an Spielern, nicht die Menge an gesetztem Geld. Geht man davon aus, dass gerade Gelegenheitsspieler mit geringen Beträgen auf die sehr starken Mannschaften setzen (z.B. der Gelegenheitsspieler, der mal auf Bayern München setzt), wären die gesetzten Summen wieder näher an den von mir errechneten Prozenten.
Die Berechnung von Quoten
Schauen wir uns aber mal an, wie Quoten entstehen und warum es für ein Wettbüro auch Sinn machen kann, die Wettverteilung der Spieler exakt zu treffen. Wie bin ich also von den Quoten auf die Quoten in % gekommen? Dazu erkläre ich die Gegenrichtung. Angenommen wir sind ein Wettbüro und nehmen an, dass entweder
- das Spiel mit den Wahrscheinlichkeiten 50% Sieg für A, 30% unentschieden und 20% Sieg für B ausgeht, oder
- die Wetteinsätze ebendiese Wettverteilung beim Tippen haben werden.
Gerade durch zweitere Variante lässt sich die Sache ein wenig anschaulicher erklären. In der Wahrscheinlichkeitstheorie rechnen wir ansonsten ja immer mit Erwartungswerten. Also nehmen wir mal an die Spieler tippen genauso, wie wir unsere Wahrscheinlichkeiten berechnet haben. Nämlich 50% des Geldes wird auf Sieg für A gesetzt, 30% auf unentschieden und 20% auf Sieg für B.
Insgesamt wurden 10.000 Euro gesetzt. Das macht also 5.000, 3.000 und 2.000 auf die drei verschiedenen Ergebnisse.
Nehmen wir an, A gewinnt. Wieviel könnte das Wettbüro also ohne Verlust an die Gewinner auszahlen? Tippgruppe 2 und 3 haben insgesamt 5000 Euro verloren, also kann das Wettbüro (ohne Verlust, aber auch ohne Gewinn) 5000 Euro auszahlen. Da auf einen Sieg für A insgesamt 5000 Euro eingezahlt wurden, entspräche das einer Quote von 2,0.
Rechnet man Selbiges für Tippgruppe 2 und Tippgruppe 3 aus, kommt man auf Quoten von 3,333 und 5.
Mathematisch kann man die Quoten auch als den Kehrwert der Wahrscheinlichkeit berechnen, also \(q_k = \frac{1}{p_k}\), wobei q die Quote und p die Wahrscheinlichkeit ist.
Der Vorteil für das Wettbüro: Der Gebührenfaktor g
Jetzt ist es natürlich so, dass in unserem Beispiel der Wettbürobetreiber keinerlei Gewinn macht - zumindest nicht, solange er nicht besser tippt als die Spieler. Dies ist keine erstrebenswerte Situation für ein Wettbüro. Deshalb verringert das Wettbüro die Quoten um einen gewissen Anteil, den ich im Moment aus meiner Sicht als Spieler “Wettgebühren” nenne. Bei tipico scheint dieser ein wenig variabel zu sein, bei egamingbets lag er ziemlich genau um die 10%.
Damit ergibt sich eine angepasste Quote \(q'_k\), die der Wettbürobetreiber dem Spieler bietet: \(q'_k = \frac{1}{p_k} \cdot g\), wobei g den Faktor angibt, der die Gebühren für das Wetten einberechnet. Will das Wettbüro 10% Gebühren festlegen, wäre g = 0,9.
Umgekehrt können wir mit obigen Zahlen einmal durchrechnen, dass das Wettbüro in unserem vereinfachten Beispielfall nun tatsächlich 10% an Gebühren einnimmt. Dazu rechnen wir zunächst die angepassten Quoten aus: q’_1 = 1,8; q’_2 = 3; q’_3 = 4,5.
Nehmen wir nun einmal an, unsere Tippgruppe 1 gewinnt. Es wurden 5000 Euro gesetzt, die übrigen beiden Gruppen hatten ebenso 5000 Euro gesetzt und verloren. Durch die Quote von 1,8 zahlt der Betreiber den Gewinnern nun insgesamt 5000 * 1.8 = 9000 Euro aus, ihm selbst bleiben 1000 Euro. Das sind genau 10% des Gesamteinsatzes.
Aufgrund dieses Faktors g macht es für den Wettbürobetreiber durchaus auch Sinn, auf die Wettverteilung der Spieler zu setzen.
Kleiner Zusatz zum Rechnen
Interessant für mich war eigentlich noch eine andere Rechnung. Ich wollte für einige Portale wissen, wie die Gebühren aussehen - ich spreche immer von Gebühren, da ich es wie Transaktionsgebühren bei Paypal sehe, nur muss ich sie mir eben selbst ausrechnen. Die Höhe der Gebühren eines Wettanbieters ist wichtig um zu errechnen, welche Tippquote ich richtig haben müsste, um überhaupt Gewinn zu erwirtschaften.
Startet man mit dem Wissen \(\sum_{k=1}^n p_k = 1\) (also die Summe aller Wahrscheinlichkeiten auf einem Ereignis muss exakt 1 sein), kommt man durch unsere obigen Überlegungen zur angepassten Quote darauf, dass ebenso gelten muss \(1 = \sum_{k=1}^n \frac{1}{\frac{p'_k}{g}} = \sum_{k=1}^n \frac{g}{p'_k}\).
Bringt man das Ganze auf einen Hauptnenner, kommt man auf: \(1 = g \cdot \frac{\sum_{k=1}^n \prod_{j=1;j \neq k}^n p'_j}{\prod_{k=1}^n p'_k}\)
Das kann man noch umstellen und dann bequem den Faktor g berechnen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Betreiber auf alle Quoten einer Partie denselben Faktor anwendet.
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